Die allgegenwärtigen Themen Liebe, Lust und Leidenschaft in Baudelaires Werk geben Raimund Spierling eine perfekte Vorlage für seine 69-Blumen-Serie. Mit Liebe zu gefundenen Bildern jeglicher Art, der Lust zu malen und seiner Leidenschaft für vielschichtige Collagen inszeniert Spierling Blumen, böse wie auch liebliche, auf unverkennbare Art.

Baudelaires Lyrik wird nicht Stück für Stück illustriert, sondern Textschnipsel dienen als Anreiz. Zündstoff für teils düstere, manchmal heitere Bilder. Wörter und Sätze werden wie Bildelemente behandelt und müssen vom Betrachter entziffert werden, Aktaufnahmen aus den Anfängen der Fotografie und Zitate aus Damenunterwäschekatalogen und Werbeanzeigen bedienen die erotische Komponente. Florale Elemente aus Spierlings Fotofundus und neue Aufnahmen bilden den Hauptbestandteil der Kompositionen.
Spierling macht es dem Betrachter nicht leicht. Durchgängig in seinem Gesamtwerk baut er auf den zweiten Blick. Zwar legt er „Angelhaken/Hooks“ aus, die den Blick einfangen um bald in die Tiefe des Bildes zu leiten. Durch die vielen Ebenen, Transparenzen, Unschärfen, Schwarzweiß vs. Farbe springt das Auge hin und her um schließlich der Gesamtkomposition zu erliegen. Ein manchmal anstrengender, aber lohnender Prozess.
Vor einigen Jahren wäre Spierlings Blumenserie als Mischtechnik auf Leinwand oder Alu-Dibond entstanden, wie z.B. das Motiv „Steinpilz“ aus der SAVU-Reihe. Nun entstehen die Collagen digital, in zahlreichen Layern, mit grafischen, zeichnerischen und fotografischen Komponenten. Dies ermöglicht dem Macher eine große Kontrolle über die Ausarbeitung aller Details – durchaus verbunden mit der Problematik, rechtzeitig einen Schlusspunkt in der Arbeit zu setzen. Ausgewählte Motive werden auf Acrylglas im Format 122 x 51 cm transparent gedruckt und final rückseitig individuell mit Acrylfarbe hell hintermalt, signiert und nummeriert. Eine Technik die bereits in verschiedenen Landschaftsserien praktiziert wurde.
Ein Nebeneffekt seiner Collagetechnik ist die Möglichkeit, Zeitrafferfilme aus dem Entstehungsprozess der Collagen zu generieren und die Motive in bewegte Bilder zu übertragen. Diese Videos werden bei zukünftigen Performances eingesetzt.